Adventskalender Türchen 23
Tucker
23.12.2025
Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Vom Bett aufs Sofa, vom Sofa ins Bett und wieder zurück. Küche. Wohnzimmer. Sogar in der Werkstatt war ich, aber auch da bin ich nur sinnlos herumgelaufen und tue es noch immer.
Als die Sonne langsam aufgeht, koche ich mir einen Kaffee und stehe am Fenster. Sehe zu, wie der Himmel sich verfärbt.
Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll, während die Sonne tut, was sie immer tut, ganz egal, wie es in den Menschen aussieht, die sie dabei beobachten. Gestern hat Lila mich zur Rede gestellt. Gestern hat sie geweint. Und ich habe ihr gesagt, dass ich sie liebe. Zum ersten Mal.
Sie ist einfach gegangen. Ohne ein Wort. Sie hat mir nicht gesagt, ob sie bleibt oder geht. Ob sie mir verzeihen kann.
Mit meinem Kaffee gehe ich in die Werkstatt. Hebe das ein oder andere Holzstück hoch, bis ich eines vor mir liegen habe, bei dem ich weiß, was ich daraus machen will.
Ein Tänzer.
Ein Partner für die Zuckerfee, die ich ihr schon geschenkt habe. Damit sie nicht allein ist. Und … weil ich mit ihr tanzen will. Durchs Leben. Ganz egal, wohin es uns führt.
Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht, ob ich mit ihr nach New York gehen könnte, wenn sie sich dafür entscheidet. Ob ich nicht alles hier in Silver Pines zurücklassen könnte, um mit ihr ihren Traum zu leben.
Silver Pines zu verlassen, darüber habe ich schon nachgedacht. Aber es nie getan oder es hat nie geklappt. Und wenn ich ehrlich zu mir bin: Ich würde in einer Stadt wie New York eingehen. Ich bin nicht dafür gemacht. Ich brauche die Weite, die Ruhe, die mir Montana gibt, und dass ich weiß, wie meine Nachbarn heißen.
Also weiß ich nicht, ob sie den Tänzer jemals sehen wird. Ob sie verstehen wird, was sie bedeutet.
Meine Hände zittern, als ich das Schnitzmesser ansetze. Ich muss mehrmals durchatmen, damit ich überhaupt beginnen kann. Doch dann entsteht langsam aus dem Holz, was ich in meinem Kopf vor mir sehe.
Den Tänzer – eine Hand ausgestreckt, als würde er auf sie warten. Auf seine Zuckerfee. Als würde er mit dieser Geste fragen: ›Tanz mit mir?‹
Irgendwann ist das Schnitzen nicht mehr genug.
Ich muss etwas tun.
Ich kann nicht den ganzen Tag hier sitzen und warten. Auf was auch immer. Denke ich wirklich, dass sie sich meldet?
Ich muss zu ihr und ihr sagen, dass es mir leid tut. Noch einmal. Und noch einmal. So lange, bis sie mir endlich glaubt.
Es ist Mittag, als ich meine Werkstatt verlasse und mich auf den Weg zu Lila mache. Oder zu ihren Eltern. Zur Galerie. Auf dem ganzen Weg rast mein Herz und meine Hände schwitzen, obwohl es so kalt ist.
Was soll ich nur sagen?
Tut mir leid. Das hatte ich geplant. Aber es war nicht genug und ich bin sicher, dass es auch jetzt nicht genug ist.
Ich liebe dich. Das habe ich noch nie einer Frau gesagt, aber auch das hat nicht gereicht.
Was bleibt mir noch, wenn diese drei Worte ihr nicht reichen?
Goodbye?
Auf dem Weg zu ihr will ich andauernd umdrehen. Muss mich mehrmals zwingen, weiterzugehen. Lila ist alles wert.
Als ich die Galerie erreiche, kann ich sie durch das große Schaufenster sehen. Sie steht halb mit dem Rücken zu mir, aber ich sehe ihr Gesicht. Sie sieht so müde aus, wie ich mich fühle. Ihre Haare sind zu einem unordentlichen Dutt nach oben gesteckt, sie trägt einen Pullover, in dem sie versinkt. Fast wie damals … Sie sieht so unfassbar schön aus, dass ich schlucke, weil es so wehtut, sie nicht einfach in den Arm nehmen und küssen zu können.
Ich will zu ihr. Ich will in die Galerie, aber ich kann mich nicht dazu bringen, mich zu bewegen.
Was, wenn sie mich wegschickt?
Wenn sie mir sagt, dass sie nach New York geht und es vorbei ist?
Was, wenn …?
Hinter mir geht die Tür der Galerie auf und ich zucke zusammen. Drehe mich um.
Vivian tritt aus der Tür, bleibt auf den Stufen stehen.
»Tucker. Willst du nicht reinkommen?«
Ich presse die Lippen zusammen. Sie hat mich gesehen.
»Vivian, hi. Ich überlege noch …«
Sie mustert mich, verschränkt ihre Arme. »Das habe ich gesehen. Aber Lila ist drin, falls du mit ihr sprechen willst und deshalb gekommen bist.«
»Ja, bin ich, und ich weiß.« Ich schiebe meine Hände in meine Hosentaschen.
»Willst du nicht reingehen?« Vivian deutet auf die Tür.
»Ich habe keine Ahnung, ob sie mich sehen will.«
Vivian seufzt und tritt die letzte Stufe nach unten zu mir. »Tucker, ich habe keine Ahnung, was zwischen euch beiden vorgefallen ist. Aber ich sehe, wie Lila aussieht. Und ich sehe, wie du aussiehst. Ich denke, ihr solltet unbedingt miteinander reden.«
»Ja, ähm, das haben wir gestern schon versucht.«
»Und?«
Ich seufze und schüttle den Kopf. »Es lief nicht wirklich gut.«
Vivian legt eine Hand auf meinen Unterarm. »Dann redet nochmal. Tucker, Lila ist im Moment zerrissen. Tanzen war immer ihr Leben, aber der Unfall … Sie hat dir sicher gesagt, dass sie nicht mehr zum Theater zurückkann?« Ich nicke. »Ich denke, im Moment weiß sie nicht, wo ihre Zukunft liegt, und sie hat Angst, sich zu entscheiden. Sie braucht jemanden, der ihr zeigt, dass es okay ist, eine Entscheidung zu treffen. Ohne Angst und Schuldgefühle.«
»Was, wenn sie sich für New York entscheidet?«
»Dann ist das ihre Entscheidung.« Vivian lächelt traurig. Ich weiß, dass sie Lila auch gern hier bei sich in Silver Pines hätte. »Aber zumindest hättest du es versucht.«
Damit schenkt sie mir einen aufmunternden Blick und geht zurück in die Galerie. Ich sehe, wie sie mit Lila spricht und dann aus meinem Sichtfeld verschwindet.
Ich stehe hier, allein, und weiß: Vivian hat recht. Wenn ich es nicht wenigstens versuche, dann werfe ich mir das den Rest meines Lebens vor.
Noch einmal sehe ich zu Lila, die gerade aufsteht, und atme tief ein.
Ich gehe zur Tür. Meine Hand liegt auf der Klinke, aber ich schaffe es nicht, sie zu öffnen.
Als ich es endlich tun will, öffnet sich die Tür von innen und Lila steht vor mir.
Ihre Augen weiten sich, als sie mich entdeckt.
»Tucker.«
»Lila. Ich wollte gerade zu dir.«
»Ich wollte gerade gehen …«
So stehen wir uns gegenüber, die Tür zwischen uns.
»Können wir reden?«, frage ich, und ihr Zögern sticht in meinem Herzen. »Bitte?«
Sie nickt. »Gut. Aber nicht hier. Lass uns spazieren gehen.«
Lila blickt noch einmal hinter sich, dann gehen wir los.
Schweigend laufen wir durch die Straßen von Silver Pines. Ohne Ziel und doch wissen wir, wann wir nach rechts oder links abbiegen.
Die Stille zwischen uns ist schwer, aber nicht mehr so erdrückend wie gestern.
Ich spüre Lilas Blicke, und als ich ihren treffe, sagt sie: »Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen.«
»Ich auch nicht.«
»Ich habe über alles nachgedacht. Über New York, über hier. Über uns.«
Mein Herz stolpert und mein Magen zieht sich zusammen. »Und?« Es klingt gepresst, ich habe Angst vor der Antwort.
»Ich weiß es nicht, Tucker.« Ihre Stimme bricht. »Ich weiß es einfach nicht.«
»Lila …« Ich bleibe stehen.
»Nein, bitte. Lass mich ausreden, okay?« Sie dreht sich zu mir. »Du weißt, dass ein Teil von mir nach New York will. Weil es eben einfach vertraut ist und ich das Gefühl habe, da fühle ich mich sicher. Weißt du, dort weiß ich, wer ich bin. Oder wer ich eben dann sein werde. Eine Ballettlehrerin. Das ist neu, aber ich weiß, was ich tue. Ich bin Teil der Community, in der ich seit zehn Jahren lebe. Dort habe ich einen Platz.«
Der Kloß in meinem Hals raubt mir die Luft zum Atmen. »Und hier?« Es klingt, als hätte ich Tage nicht gesprochen.
»Hier …« Tränen schimmern in ihren Augen. »Wer soll ich hier schon sein? Ich habe keinen Job, ich habe keine Wohnung und lebe bei meinen Eltern. Ich habe nichts, ich bin keine Tänzerin mehr. Ich habe einfach nichts, außer …«
»Außer?«
»Dir, Tuck.« Sie schluchzt. »Und das ist es, was mir so viel Angst macht. Ich würde alles auf dich fokussieren, und was, wenn das nicht reicht? Wenn ich hierbleibe und dann merke, dass es ein Fehler war. Dann würde ich dich wieder verletzen, obwohl ich das nicht möchte.«
Ich trete zu ihr, lege meine Hände auf ihre Schultern. »Lila, hör mir zu. Ich habe mir auch viele Gedanken gemacht und wirklich darüber nachgedacht, ob ich mit dir nach New York gehen könnte …«
»Tucker, ich würde niemals …«
Ich sehe zu Boden. »Ich weiß, und ich könnte es auch nicht. Die Großstadt ist nichts für mich.« Ich lächle schmal und sie erwidert es. »Und ich kann dir nicht sagen, dass alles gut wird, wenn du bleibst. Ich kann dir nicht versprechen, dass du hier glücklich wirst, aber was ich dir versprechen kann, ist, dass ich bei dir sein werde. Egal was passiert und egal, welche Entscheidung du triffst.«
»Selbst wenn ich mich gegen Silver Pines entscheide?«
Mein Herz zerbricht bei dem Gedanken, aber ich nicke. »Auch dann. Du weißt, ich liebe dich und ich will nicht, dass du gehst. Aber wenn du für dich sagst, dass das die richtige Entscheidung ist, dann geh. Ich habe dich damals nicht aufgehalten und ich würde es auch dieses Mal nicht tun.«
Sie schließt die Augen und Tränen rollen über ihre Wangen. Ohne die Augen zu öffnen, tritt sie näher an mich heran und lehnt ihren Kopf an meine Brust.
»Ich will nicht gehen«, flüstert sie. »Ich weiß, dass ich hierbleiben will. Aber ich habe eben so unfassbar viel Angst.«
»Die habe ich auch, aber vielleicht wird es leichter, wenn wir gemeinsam Angst haben? Und es trotzdem versuchen.«
Sie öffnet die Augen und sieht zu mir auf.
Als sie einen Schritt zurücktritt, geht alles ganz schnell.
In einem Moment steht sie noch vor mir, im nächsten rutscht sie auf einer Eisplatte weg. Ihr Knie knickt ein und sie schreit auf. Ich fange sie auf, bevor sie fällt. Lege meinen Arm um ihre Taille, spüre ihr Gewicht gegen meine Brust.
»Lila!«
Sie klammert sich an meinen Arm, ihr Gesicht verzerrt vor Schmerz. »Mein Knie«, keucht sie. »Scheiße, mein Knie.«
»Ich hab dich.« Ich helfe ihr, sich aufzurichten. »Kannst du stehen? Soll ich dich ins Krankenhaus bringen?«
Sie schüttelt den Kopf und ich weiß nicht, ob sie meint, dass sie nicht ins Krankenhaus will, oder dass sie nicht stehen kann. Lila versucht es, doch das Bein zittert und gibt nach.
»Fuck«, stößt sie aus. »Nein, ich kann gerade weder stehen noch laufen. Aber ich muss nicht zum Arzt. Alles gut. Sie haben mir gesagt, dass das passieren kann und ich Geduld haben muss. Ich hätte meine Schiene anziehen sollen. Mein Schuld.«
Ich lege einen Arm unter ihre Knie, einen um ihren Rücken und hebe sie hoch.
»Tucker, nein …«
»Doch, oder wie willst du hier wegkommen?« Ich sehe mich um, wir sind nicht weit von meinem Haus entfernt.
»Ich bin doch zu schwer.«
Ich lache und sehe sie an. »Ehrlich, Lila? Du bist doch eine Fee. Wie kannst du da zu schwer sein?« Zum ersten Mal an diesem Tag sehe ich ein Lächeln in ihrem Gesicht und es wärmt mein Herz. »Lass mich dir helfen, okay?«
Sie gibt ein leises Stöhnen von sich, was wie Resignation für mich klingt, und nickt. »Okay.«
Obwohl es nicht weit ist bis zu meinem Haus, fühlt sich jeder Schritt sehr bedeutend an. Als wäre ihr Sturz mehr als nur das. Als wäre das alles eine Metapher. Lila fällt und ich fange sie auf, immer. Und ich würde es für immer tun.
In meinem Wohnzimmer setze ich sie vorsichtig auf mein Sofa.
»Eis und Schmerzmittel?«
»Das wäre ein Traum.«
Ich hole es ihr, wickle es in ein Handtuch und lege es auf ihr Knie. Sie zuckt zusammen, aber entspannt sich dann. Die Tabletten gebe ich ihr in die Hand und hole noch ein Glas Wasser.
»Danke.«
»Kein Problem.« Vorsichtig setze ich mich neben sie, nicht zu nah, aber nah genug, dass ich sie spüren kann. »Tut es sehr weh?«
»Es geht.« Sie lacht bitter. »Ich bin es leider inzwischen gewohnt und ich bin selbst schuld. Ich sollte mehr tun, damit das nicht passiert, aber …« Sie winkt ab und ich weiß, dass sie damit meint, dass es sich nicht lohnt.
»Das solltest du nicht denken«, sage ich, und sie sieht mich an. Lächelt. Wird dann ernst.
»Es ist noch immer wie früher. Du weißt immer, was ich wirklich denke, Tuck.« Wenn sie meinen Spitznamen sagt, wird mir warm ums Herz und es gibt mir Hoffnung. »Es tut mir leid.«
»Was tut dir leid, Lila?«
»Gestern. Ich hätte nicht einfach gehen dürfen, als du mir gesagt hast, dass du mich liebst. Es war nicht sehr nett, darauf nichts zu sagen.«
»Aber du musst nichts darauf sagen.«
»Doch. Musste ich.« Sie greift nach meiner Hand. »Weil es mir genauso geht, Tucker.«
Kurz weiß ich nicht, ob ich weiteratmen kann.
»Was?« Es klingt wie ein Krächzen.
»Ich liebe dich.« Tränen laufen über ihr Gesicht. »Ich habe dich nie aufgehört zu lieben, so wie du mich, Tuck. Auch als ich in New York war, all die Jahre, und wenn ich dachte, dass ich es schaffe, dich zu vergessen. Ich habe es nie. Weil ich dich liebe! Und das macht mir so viel Angst wie nicht zu wissen, wer ich bin, weil ich nicht weiß, ob ich genug für dich bin.«
»Lila…«
Sie legt einen Finger auf meine Lippen.
»Aber ich will es versuchen. Ich will … nein, ich werde hierbleiben. Bei dir. Ich will wieder ganz nach Hause kommen. Zu dir.«
Noch immer liegt ihr Finger auf meinen Lippen. Aber ich merke es kaum. Ich weiß, ich kann nicht atmen, nicht denken. Ich kann Lila nur anstarren und irgendwie versuchen, zu verstehen, was sie da gerade gesagt hat.
»Tucker?« Sie nimmt den Finger von meinen Lippen. »Bist du da?«
Ich räuspere mich. »Ja, ich … ich … du bleibst?«
»Ja, ich bleibe. Ich rufe Rebecca an und sage ab. Ich bleibe hier. Bei dir. Wenn du das noch willst?«
»Was für eine Frage, Lila!« Ich umfasse ihren Kopf mit meinen Händen, beuge mich zu ihr und küsse sie. »Natürlich möchte ich das. Es gibt nichts, was ich mir mehr wünschen würde.« Ich lehne meine Stirn gegen ihre. »Bist du dir sicher?«
»Nein.« Sie lacht durch ihre Tränen. »Ich bin überhaupt nicht sicher. Ich habe keine Ahnung, was ich hier machen werde. Oder wer ich sein werde, aber ich weiß, dass ich es mit dir herausfinden will.« Ich ziehe sie in eine Umarmung. Halte sie fest.
»Ich liebe dich«, flüstere ich.
»Ich dich auch.«
Eine Weile sitzen wir einfach so da. In unserer Umarmung. Wie in einer Bubble, in der uns niemand stören kann.
»Ich muss sie anrufen«, sagt Lila leise.
»Wen?«
»Na, Rebecca.« Sie sieht mich an und lächelt. »Hast du das schon wieder vergessen?«
»Mit dir kann ich alles vergessen.«
»Das merke ich.« Sie rückt ein Stück weg. »Aber heute ist die Deadline und ich sollte mich melden. Es wäre sonst unfair.« Sie sieht auf ihr Handy. »Es ist … vier. In New York ist es sechs. Sie ist bestimmt noch im Büro, am Abend gibt es einige Kurse.«
»Ganz sicher?«
»So oder so, heute ist die Deadline, erinnerst du dich?«
Mein Puls beschleunigt sich und ich nicke.
»Gut.« Sie tippt auf ihr Handy, wählt und drückt dann auf den Lautsprecher-Button. Ich hebe die Augenbrauen. »Ja, sicher, Tucker. Ich will, dass du das hörst.«
Es klingelt. Einmal, zweimal, und ich bin schon fast so weit, zu glauben, dass niemand dran gehen wird, als es klickt. »NYC Ballet School, Rebecca Walsh.«
Lila atmet tief ein, sieht mich an, und ich presse die Lippen zusammen.
»Rebecca. Hier ist Lila.«
»Lila! So schön, von dir zu hören. Hast du eine Entscheidung getroffen?« Lila sieht mich an und ich nicke ihr zu. Drücke ihre Hand.
»Ja«, sagt sie. »Und es tut mir leid, aber ich muss leider absagen. Ich bleibe in Montana.«
Stille am anderen Ende der Leitung. Ich kann nur ahnen, wie Rebecca sich fühlt.
»Oh. Das ist wirklich schade, Lila. Ich hatte gehofft, dass wir dich für uns gewinnen können. Bist du sicher, dass du es dir nicht noch einmal überlegen willst?«
»Ja, ich bin sicher. Es tut mir leid, Rebecca. Aber ich habe in Silver Pines etwas gefunden, das ich auf keinen Fall aufgeben möchte.«
Mir wird heiß und ich schlucke.
»Ich verstehe«, sagt Rebecca, und sie klingt nicht böse, sondern enttäuscht. »Aber du weißt, wenn du jemals deine Meinung änderst … du hast meine Nummer.«
»Danke, Rebecca, das weiß ich wirklich zu schätzen.«
»Gern, Lila. Pass auf dich auf.«
»Du auch.«
Dann drückt Lila den roten Button und es ist still in meinem Haus.
Für einen Moment bewegt sie sich nicht, doch dann ist es, als bricht sie zusammen. Nicht im negativen Sinn, sondern als wäre eine Last von ihr genommen worden. Sie schlägt die Hände vor ihr Gesicht und weint. Ich lege einen Arm um ihre Schultern und ziehe sie so eng an mich, wie möglich.
»Hey«, flüstere ich. »Ich kann mir nur im Ansatz vorstellen, wie schwer das war, aber ich bin stolz auf dich, Lila. Ich … du hast es geschafft. Wie fühlst du dich?«
»Ich habe es getan«, schluchzt sie. »Ich habe New York abgesagt und ich bleibe wirklich hier.« Sie sieht zu mir. »Und weißt du was? Es fühlt sich gut an.« Ihre Wangen sind feucht, aber sie lächelt. »Ich bin zu Hause.«
»Ja, du bist zu Hause.« Ich halte sie fest, so fest wie ich kann.
»Ich liebe dich«, flüstere ich in ihr Haar. »Ich liebe dich so sehr.«
»Ich dich auch.«
So sitzen wir nebeneinander, keine Ahnung wie lange. Minuten, vielleicht Stunden. Ich weiß es nicht und es ist mir auch egal. Ich weiß nur: Sie bleibt und ich könnte nicht glücklicher sein.
»Ich habe heute Morgen an etwas gearbeitet«, sage ich irgendwann. »Für dich.«
Sie hebt den Kopf. »Für mich.«
»Ja, aber es ist noch nicht fertig, ich zeige es dir dann, okay?«
»Tucker! Du kannst mich doch nicht so neugierig machen.«
Ich lache. »Doch, ich kann … und ich werde.« Damit küsse ich sie und hoffe, dass sie die Gedanken an das, was ich ihr noch nicht sagen möchte, vergisst.
»Tucker …« Sie ringt nach Luft, als wir uns voneinander lösen. »Komm schon.«
Ich schüttele den Kopf. »Es ist noch nicht fertig, aber ich will dir damit sagen, dass ich bei dir bin. Immer.«
Jetzt küsst sie mich und ich erwidere es. Lang. Tief. Mit allem, was ich habe.
Wir sitzen noch lange einfach da, irgendwann hole ich Lila neues Eis und noch später schläft sie ein. Ihr Kopf an meine Schulter gelehnt.
Es sind noch 2 Tage bis Weihnachten. Aber ich glaube, wir könnten den Countdown auch schon jetzt beenden.
Uuuuh, ist das nicht schön? Lilas Entscheidung, bei Tucker zu bleiben. Oder denkt ihr, es ist ein Fehler?
Ich freue mich für die beiden, aber irgendwas sagt mir, das ist noch nicht ausgestanden.
Was meint ihr, meine Rockeronies?
Eure