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First World Problems

Freitagsgeständnisse.

Heute im Blog und vielleicht ein bisschen länger, als ich es eigentlich geplant hatte. Vor allem konfuser, weil mir so viele Gedanken durch den Kopf gehen.

Gerade ist es schwer. Sehr schwer. Und ich weiß, dass ich von First World Problems spreche, die mich beschäftigen. Ich habe das Glück, in Deutschland zu leben. Nicht in Armut zu leben. Kennt ihr den #ichbinarmutsbetroffen auf Twitter? Ich folge diesem # und ich lerne so viel Demut. Und ich bekomme Wut. Auf das, was mit den Menschen geschieht, die in diesem System feststecken.

Ich mache mir Gedanken über diese Welt. Was alles schiefläuft. Streikendes Pflegepersonal und Ärzte und Ärztinnen, die nicht gehört werden.

Der Krieg in der Ukraine. Seine Folgen.

Der Klimawandel.

Die Stimmung der Menschen. All diese Gewalt, über die ich lese, Menschen die einfach so aus der Haut fahren und andere Menschen verletzen und töten. Corona hat was gemacht. Verschlimmert. Es macht mir Angst.

Dann eben auch Corona. Inzwischen werden es in unserem Supermarkt wieder mehr Menschen die Masken tragen. Im Büro bin ich die Einzige. Gefühlt. Manchmal treffe ich in den weitläufigen Fluren andere, denen es geht wie mir. Mein Großer ist der Einzige, der in der Schule Maske trägt. Selbst mein Kleiner trägt sie. Freiwillig.

Das alles trage ich herum. Frage mich, was ich tun kann. Wo ich besser, effizienter werden kann. Drehe an Schrauben. Verzweifle darüber, dass meine Kinder in so einer Welt aufwachsen. Frage mich, wie wir all das noch bezahlen sollen und bin dann wieder demütig, weil wir sogar einen Urlaub planen, während andere am Anfang des Monats schon kein Geld mehr haben.

Ich habe Angst, den Bezug zu verlieren. Ich habe einen tollen Lebensstandard. Für viele wäre es Luxus, aber auch ich merke, dass wir schwimmen. Mehr nachrechnen. Es ist ungewohnt, aber es wird das neue Normal sein. Ich arbeite mehr. Ich strenge mich mehr an. Frage mich doch, wie wir heizen sollen im Winter. Öfen gibt es keine mehr. Holz sowieso nicht.

Darüber wachsen die To Do Listen, ich renne ständig irgendeinem Plan nach, den ich mir zu 60% selbst diktiere. Ich verliere mich darin. Sehe die Aufgaben, die es zu bewältigen gilt und weiß doch, dass ich am Abend scheitern werde, weil ich nicht alles schaffe. Dann verbeiße ich mich daran, dass ich gescheitert bin. Und packe am nächsten Tag noch mehr auf die Liste. Weil ich einfach nicht genüge. Ich bin erschöpft. Ausgelaugt. Traurig. Aber ich muss weitermachen. Um jeden Preis.

So kommt alles zu kurz, weil ich, typisch Zwillingssternzeichen immer mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft habe. Ich kann nicht nur eine Sache machen. Es ist Chaos, das funktioniert, meistens.

Und dann fehlt es doch. An Zeit für die Kinder. Das tut weh. Sie werden so schnell groß, nabeln sich ab, sind für sich. Wo sind meine Babys hin? Was habe ich alles falsch gemacht?

Heute bin ich in Tränen ausgebrochen – fast – weil sie ein Theaterstück aufgeführt haben, wo es darum ging, dass wir immer alle gut zu Tieren und Pflanzen sein sollen. Der Zirkel schließt sich. Welche Welt hinterlassen wir hier? Es folgte eine Doku über das Parkland Massaker. Ich habe geweint. Weil ich sehe, was für tolle Ideen die jungen Menschen haben und wie wenig wir alle auf sie hören. Warum bin ich so wenig aktivistisch? Warum habe ich immer Angst, dass ich jemandem auf die Füße trete? Wieso will ich es allen recht machen und scheitere dabei vor allem an mir selbst?

Wieso stehe ich nicht für mich ein? Es fängt in so kleinen Dingen an. Ich wünsche mir ein Tattoo und habe keins, weil es nicht gefallen könnte. Meinem Umfeld. Ich trage mein Haar nicht mehr rosa … siehe oben. Dabei möchte ich doch nur Ich-Sein. Geliebt werden mit allen Ecken und Kanten.

Und dann setze ich mich ein. Will helfen. Wie beim Mobbing in der Schule meines Sohnes. Es geht nicht um ihn. Ich habe versucht, die beste Lösung zu finden und werde jetzt dafür ignoriert. Weil ich einen anderen Weg vorgeschlagen habe. Weil ich noch heute davon überzeugt bin. Aber es verhallt.

Ich will laut sein in meinem Brotjob. Ich will nicht hinnehmen, was da passiert. Vor Wut weine ich. Und sehe aus, als wäre ich schwach.

Wenn ein Haken an einer Sache scheint, ploppen neue Sachen auf. Wie Pilze, die nach einer Regennacht aus dem Boden schießen. Ich werde ihrer nicht Herr, dabei will ich aus all den Gewächsen was Tolles machen.

Doch ich kann wie gesagt nicht mal ich selbst sein, weil ich gefangen bin in den Normen, die mich umgeben. Weil ich es allen recht machen möchte. Es fängt ja im Kleinen schon an, wie kann ich dann etwas schaffen, was überhaupt Menschen hilft? Und warum sollte man auf meine Meinung hören?

Eine Schleife, die sich nicht beenden lässt. Ein Dauerdröhnen in meinem Kopf. Ich will mit meinen Freunden und Bekannten sprechen, aber ich bin schon froh, wenn ich es bei einigen wenigen schaffe. Oft bekomme ich keine Antworten mehr – wen wundert es? Gleichzeitig lade ich mir Probleme anderer auf, weil ich sie mag, weil ich helfen will. Generell kann ich nicht Nein sagen. Ich kann es nicht, egal wie alt ich werde. Daher schweige ich oft, anstatt mich einer Diskussion zu stellen. Stelle mich tot für gewisse Zeit, um Sachen nicht übernehmen zu müssen, die ich nicht mehr wuppen könnte. Weil ich denke, dass alle denken, dass ich das doch locker schaffen müsste. Ich arbeite doch Teilzeit.

Viele wissen nicht, dass ich Autorin bin. Lektorin. Dass ich studiere. Sie sehen nur die Teilzeitangestellte mit zwei Kids, Mann und Hund. Den Haushalt, der nicht so schwer sein kann. Den Rest kennen sie nicht, weil ich es nicht erzähle. Weil es ’nichts‘ ist.

Ich bin müde. So müde. Ich schlafe nachts schlecht, weil die Listen mich erschlagen, obwohl ich dem Rat folge und es aufschreibe. Es ist da. Mir fällt immer was neues ein. Ist es nicht das eine, ist es das andere. Reicht das Geld? Reicht meine Mühe? Reiche ich?

Ich habe mich für zwei Kinder entschieden. Einen Hund. Einen Haushalt. Das Studium und die Nebentätigkeit. Weil ich es liebe. Es ist also jammern auf hohem Niveau und auch das hält mich klein. Weil muss ich das machen? Sicher nicht. Familie ja. Hund nein. Aber er gibt mir die Kraft und die Zeit, überhaupt Kraft zu tanken, wenn wir rausgehen. Er erdet mich. Er bindet die Familie noch ein Stück mehr zusammen, auch wenn wir eine enge Familie sind.

Aber das Studium? Es war eben mein Traum, den ich mir nach dem Abitur nicht erfüllt habe. Der Nebenjob? Soll hoffentlich helfen, zu überleben, wenn die Zeiten noch schlechter werden. Simple as that. Und weil ich Lektorate und Schreiben einfach zu sehr liebe. Ich muss es gestehen.

Und es sind die vielen schlechten Nachrichten, die zudem noch auf uns einprasseln. Es brennt. Überall.

Gute Nachrichten sind rar.

Deswegen vielleicht eine oder zwei am Ende, falls sie jemand liest:

Ich habe Useless Fame Band 2 fertig und er ist auf dem Weg ins Lektorat.

Ich habe bei einer Ausschreibung mitgemacht. Sie wird versanden, aber ich habe mich getraut und das ist ein Licht am Ende des Tunnels.

Passt auf euch auf und bleibt gesund.

Rockt on, Rockeronies.

Eure

 

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